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Wasserstoffgas, kurz H2, das erste Element im Periodensystem gilt als idealer Energiespeicher. Es ist in zahlreichen Verbindungen – allen voran Wasser – enthalten. Es ist äußerst reaktionsbereit, das bedeutet, es reagiert leicht mit anderen Elementen zu gemeinsamen Verbindungen. Doch darin liegt auch eines der Hauptprobleme: Um die im Wasserstoffgas enthaltene Energie freisetzen zu können, muss man es erst einmal aus der jeweiligen Verbindung lösen. Und das kostet zunächst einmal Energie. Und wenn man das reine Gas isoliert hat, so braucht man zur Lagerung stabile Drucktanks oder man muss es zur Verflüssigung abkühlen, auf Temperaturen unterhalb von -253 Grad Celsius. Diese Kälte zu erzeugen und aufrecht zu erhalten, erfordert wiederum einen hohen Energieeinsatz.

Industriell wird Wasserstoff noch überwiegend mit dem Verfahren der Dampfreformation aus Kohlenwasserstoffen, also aus konventionellen Energieträgern wie Erdöl gewonnen. Langfristig bringt ein solches Verfahren unter Nachhaltigkeitsaspekten also keinen nennenswerten Gewinn. Deshalb machen sich Forscher rund um den Globus Gedanken darüber, ob nicht ein fortschrittlicherer Weg zur Wasserstoffspeicherung gefunden werden kann.

Jetzt glauben Wissenschaftler vom Leibniz-Institut in Rostock, einen völlig neuen Weg gefunden zu haben, um Wasserstoff sicher und mit geringem Energieeinsatz lagern zu können. Sie gingen davon aus, dass flüssige Ameisensäure hohe Mengen des Gases binden kann. Die sichere Aufbewahrung der Säure ist unproblematisch, also ohne hohen Druck und ohne starke Abkühlung möglich. Mit einem einfachen Katalysator, der überwiegend aus gewöhnlichem Eisen besteht, lässt sich das Wasserstoffgas aus der Ameisensäure lösen. Ein Katalysator ist ein Stoff, dessen Beisein eine Reaktion in Gang bringt, unterstützt oder beschleunigt, ohne dabei selbst mit zu reagieren. Einziger Haken an der Sache: Bei der Rückgewinnung des Wasserstoffs wird Kohlendioxid frei. Dieses wollen die Forscher in Salzen binden und zur erneuten Produktion von Ameisensäure einsetzen.

Dass in Ameisensäure große Mengen des Wasserstoffs gebunden werden können, ist in der Wissenschaft bereits bekannt. Als problematisch galt es jedoch, das Gas aus dieser Säure wieder zurück zu gewinnen. Bislang brauchte man dafür Katalysatoren aus extrem teuren Edelmetallen. Dass es jetzt gelungen ist, einen funktionsfähigen Katalysator auf Eisenbasis zu entwickeln, ist der eigentliche Clou der Neuentwicklung. Besonders positiv: Die Sache funktioniert bereits bei Raumtemperatur, noch besser bei moderater Erwärmung. Der erforderliche Energieeinsatz bleibt also relativ gering.

Wasserstoffgas ist vor allem für die anvisierte Elektromobilität eine Option. Statt teure Akkus in langen Ladezyklen aufladen zu müssen, könnte die Betankung von Fahrzeugen mit Wasserstoff oder wasserstoffhaltigen Substanzen ebenso schnell wie der bisherige Tankvorgang an der Zapfsäule erfolgen. Im Auto kann Wasserstoff in einer Brennstoffzelle mit dem Luftsauerstoff zu Wasser reagieren. Bei diesem Vorgang, den die Techniker als „kalte Verbrennung“ bezeichnen, wird elektrische Energie freigesetzt, die das Fahrzeug antreiben kann.