Seite wählen

Brennstoffzellen, in denen Wasserstoff und Sauerstoff miteinander zu Wasser reagieren, wobei elektrische Energie frei wird, gelten als aussichtsreiche Energiewandler der Zukunft. Je nach Brennstoffzellentyp wird dazu reines Wasserstoffgas oder auch wasserstoffhaltige Gasgemische oder Flüssigkeiten, zum Beispiel Alkohole benötigt. Um auf diese Weise Energie speichern zu können, muss erst einmal Energie eingesetzt werden, für die Wasserelektrolyse oder für die Herstellung wasserstoffreicher Substanzen.

Forscher glauben, mit Carbazol jetzt einen flüssigen Treibstoff entdeckt zu haben, der sich einfach und in großen Mengen herstellen und über das existierende Tankstellennetz vertreiben lässt. Carbazol sei gut für Brennstoffzellen geeignet und somit ein aussichtsreicher Sprit für die kommende Fahrzeuggeneration, so erklärten die Forscher Professor Wolfgang Arlt und Professor Peter Wasserscheid von der Universität Erlangen. Das klingt gut, fast zu gut. Vereinzelt ist sogar schon vom „Wunder-Sprit“ die Rede.

Was ist dran am neuen Kraftstoff? Bei Carbazol handelt es sich um eine giftige Flüssigkeit. Chemisch korrekt heißt sie mit vollem Namen „N-Ethylcarbazol“. Sie lässt sich wie Benzin oder Diesel handhaben, könnte also an Zapfsäulen getankt werden. Carbazol ist in der Lage, hohe Mengen an Wasserstoff zu binden. Brennstoffzellen, die, ähnlich wie die bereits bekannten Direkt-Methanol-Brennstoffzellen (DMFC) oder die Direkt-Ethanol-Brennstoffzellen (DEFC), in der Lage sind, sich den notwendigen Wasserstoffgehalt aus  einer Flüssigkeit zu reformieren, könnten diesen Grundstoff verarbeiten.

Das Besondere: Carbazol gibt seinen Wasserstoffgehalt an die Brennstoffzelle ab, ohne dass dabei die Trägerflüssigkeit verbraucht wird. Der „verbrauchte“ Sprit kann also in einem Zusatztank aufgefangen werden, um ihn beim nächsten Tankstopp wieder abzugeben, damit er erneut mit Wasserstoff angereichert, also neu „aufgeladen“ werden kann. Carbazol liefert also nicht selbst die Energie, sondern ist lediglich als Carrier vorgesehen.

Und so stellen sich die Forscher den möglichen Energiekreislauf vor: Regenerative Energieerzeugung, beispielsweise aus Wind-, Solar- oder Biomassekraftwerken bildet die Basis. Der so erzeugte elektrische Strom spaltet Wasser elektrolytisch in Wasserstoffgas und Sauerstoffgas auf. Der Wasserstoff wird in bereitstehende Tanks mit Carbazol geleitet. Das Carbazol reichert sich mit dem Wasserstoffgas an und speichert dadurch die Energie. Ist das Carbazol ausreichend mit Wasserstoff angereichert, so wird es an die Tankstellen geliefert. Im Austausch kommt das „verbrauchte“, „entladene“, energiearme Carbazol zurück in die Tanks, um erneut „aufgeladen“ zu werden. Noch befindet sich das Projekt Cabazol im Stadium der Grundlagenforschung. Eine praktische Umsetzung dürfte noch Jahre auf sich warten lassen.

Die Handhabung von flüssigem Carbazol-Sprit wäre einfacher, als die Handhabung von Wasserstoffgas, das in Hochdrucktanks komprimiert werden muss, um ausreichende Mengen mitführen zu können. Die Alternative wäre die Kühlung von Wasserstoffgas auf -253 Grad Celsius um es zu verflüssigen. Das kostet enorm viel Energie und diese niedrige Temperatur lässt sich im Fahrzeugtank nur schwer aufrecht erhalten.